Verhaltensbedingte Kündigung: Ratgeber 2023

Haben Sie sich schon gefragt, wann ein Fehlverhalten wirklich zur Kündigung führen darf — und wann das Arbeitsrecht Deutschland den Arbeitnehmer schützt?
Die verhaltensbedingte Kündigung ist eine ordentliche Kündigung wegen schuldhaftem Pflichtverstoß des Arbeitnehmers. Nach dem KSchG muss eine solche Kündigung sozial gerechtfertigt sein. Das gilt besonders im Rahmen des Kündigungsschutz 2023 für Betriebe mit mehr als zehn Mitarbeitern und bei einer Beschäftigungsdauer über sechs Monate.
Rechtlich stützt sich die Praxis auf § 1 Abs. 2 KSchG: Kommt der Arbeitnehmer seinen vertraglichen Pflichten nicht nach, kann eine verhaltensbedingte Kündigung in Betracht gezogen werden. Die Rechtsprechung verlangt aber eine Einzelfallprüfung; es gibt keine starre Formel.
Ein aktuelles Urteil aus 2023 zeigt, wie fein die Waage sein kann: Wiederholtes Zuspätkommen trotz Abmahnung führte nicht zur wirksamen Kündigung, da Alter und lange Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers stärker gewichtet wurden.
In diesem Ratgeber finden Sie klare Kündigungstipps zur Abmahnung, zu fristgerechtem Vorgehen nach dem KSchG und zu Ihren Optionen im Kündigungsschutz 2023.
Was versteht man unter verhaltensbedingter Kündigung?
Die verhaltensbedingte Kündigung trifft Arbeitnehmer, wenn sie schuldhaft gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstoßen haben und eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar erscheint. Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) verlangt, dass die Kündigung sozial gerechtfertigt ist. In der Praxis steht die Einschätzung des Verhaltens und die Prognose für die Zukunft im Mittelpunkt.
Definition und gesetzliche Grundlage nach KSchG
Als Definition verhaltensbedingte Kündigung gilt eine ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber wegen steuerbar verursachter Pflichtverletzungen. Das KSchG setzt voraus, dass der Arbeitgeber die Interessenabwägung vornimmt und die Kündigung sozial gerechtfertigt ist. Vorherige Abmahnungen sind oft sinnvoll, damit der Arbeitnehmer die Chance zur Verhaltensänderung erhält.
Abgrenzung zu personen- und außerordentlicher Kündigung
Bei der Abgrenzung personenbedingt steht ein nicht steuerbares Hindernis im Vordergrund, wie lang andauernde Krankheit oder fehlende Eignung. Die verhaltensbedingte Kündigung beruht auf steuerbarem, willensgesteuertem Verhalten.
Die außerordentliche Kündigung verlangt schwerwiegenderes Fehlverhalten, das eine sofortige Beendigung rechtfertigt. Viele rechtliche Grundsätze überschneiden sich, doch die Anforderungen an die Schwere des Fehlers sind bei der außerordentlichen Kündigung strenger.
Ziel: Verhinderung künftiger Störungen im Arbeitsverhältnis
Ein zentrales Ziel Kündigungsschutz ist nicht die Sanktion vergangener Fehler. Entscheidend ist die negative Zukunftsprognose: Drohen wiederholte Störungen, kann die Kündigung gerechtfertigt sein. Gerichte prüfen, ob mildere Mittel ausreichen und welche Interessen abzuwägen sind.
Ein typisches Beispiel sind wiederholte Unpünktlichkeiten. Hier entscheidet die Abwägung zwischen dem Arbeitgeberinteresse an zuverlässigem Erscheinen und Schutzinteressen wie Betriebszugehörigkeit. Solche Einzelfallprüfungen verdeutlichen die praktische Anwendung der genannten Grundsätze.
Rechtliche Voraussetzungen für eine wirksame verhaltensbedingte Kündigung
Eine verhaltensbedingte Kündigung verlangt klare Voraussetzungen. Gerichte prüfen vier Kernmerkmale. Diese bestimmen, ob das Arbeitsverhältnis durch das Verhalten des Arbeitnehmers tatsächlich gefährdet ist.
Vertragswidriges Verhalten als Ausgangspunkt
Als erstes muss ein konkreter Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten vorliegen. Die Vertragswidrigkeit kann Hauptpflichten wie die Arbeitsleistung betreffen.
Nebenpflichten wie Treuepflicht, Anzeige- und Auskunftspflichten fallen ebenfalls darunter. Bagatellverstöße genügen nicht. Das Verhalten muss den Betriebsablauf oder das Vertrauensverhältnis spürbar beeinträchtigen.
Verschulden: Vorsatz und Fahrlässigkeit
Weiter ist das Verschulden des Arbeitnehmers entscheidend. Der Gesetzgeber und die Rechtsprechung unterscheiden zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit.
Fehlt ein nachweisbares Verschulden, scheidet die verhaltensbedingte Kündigung meist aus. In solchen Fällen kommt eine personenbedingte Kündigung oder andere Maßnahmen in Betracht.
Negative Zukunftsprognose / Wiederholungsgefahr
Die Kündigung richtet sich auf die Vermeidung künftiger Pflichtverletzungen. Deshalb ist eine negative Zukunftsprognose erforderlich.
Nur wenn eine Wiederholungsgefahr besteht oder das Vertrauen dauerhaft zerstört erscheint, rechtfertigt dies die Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Bei der gerichtlichen Prüfung zählen Häufigkeit, Ursachen und betriebliche Auswirkungen. Ein einmaliges Fehlverhalten reicht selten aus. Schwere oder mehrfaches Fehlverhalten stärkt die Prognose, leichte Vorfälle schwächen sie.
Gängige Pflichtverletzungen, die zur Kündigung führen können
Bei verhaltensbedingten Kündigungen treten bestimmte Pflichtverletzungen wiederholt oder schwerwiegend auf. Arbeitgeber prüfen, ob das Fehlverhalten in den Bereichen Leistung, betriebliche Ordnung oder Vertrauen liegt. Abmahnungen und der Einzelfall entscheiden oft über die Wirksamkeit einer Kündigung.
Leistungsbereich
Typische Probleme im Leistungsbereich sind unentschuldigtes Fehlen, Minderleistung oder ständige Verspätungen. Bei einmaligen, kurzen Verspätungen spricht das Arbeitsgericht meist von Bagatellen.
Wiederholtes Zuspätkommen nach Abmahnungen kann aber eine negative Zukunftsprognose begründen. Langsame oder fehlerhafte Arbeit, die den Betriebsablauf stört, fällt ebenfalls unter Pflichtverletzungen Kündigung.
Betriebliche Ordnung
Betriebsinterne Regeln dienen dem reibungslosen Ablauf. Verstöße wie das Ignorieren des Alkoholverbot oder dauernde private Telefonate am Arbeitsplatz gefährden die Ordnung.
Ein klar kommuniziertes Alkoholverbot im Betrieb macht Verstöße schwerer wiegend. Arbeitgeber dokumentieren Verstöße, bevor sie zu einer Kündigungsentscheidung kommen.
Vertrauensbereich
Schäden im Vertrauensbereich berühren das Kerninteresse des Arbeitgebers. Diebstahl, Spesenbetrug oder das Offenlegen von Betriebsgeheimnisse führen häufig zu sofortigen arbeitsrechtlichen Maßnahmen.
Bei Verdacht auf Diebstahl wird oft eine sofortige Untersuchung eingeleitet. Der Verrat von Betriebsgeheimnisse kann nicht nur zur Kündigung, sondern zu straf- und zivilrechtlichen Folgen führen.
- Beispiele für Pflichtverletzungen: unentschuldigtes Fehlen, Zuspätkommen, dauerhafte Minderleistung.
- Störungen der Ordnung: Alkoholverbot missachtet, private Gespräche während der Arbeitszeit.
- Vertrauensbruch: Diebstahl, Spesenbetrug, Weitergabe von Betriebsgeheimnisse.
Abmahnung und ihre Anforderungen
Vor einer verhaltensbedingten Kündigung steht in der Regel die Abmahnung. Sie soll den Arbeitnehmer auf das vertragswidrige Verhalten hinweisen und ihm eine letzte Chance zur Verhaltensänderung geben. Eine kurze Einordnung erleichtert das Verständnis der rechtlichen Erwartungen.
Wann eine Abmahnung erforderlich ist
Die Abmahnung ist meist das milde Mittel, das dem Arbeitgeber als Zwischenschritt zur Verfügung steht. Bei wiederholten Pflichtverletzungen ist sie oft Voraussetzung für eine spätere Kündigung.
Fehlverhalten wie wiederholtes Zuspätkommen oder kleinere Verstöße gegen Arbeitsanweisungen rechtfertigt meistens erst die Abmahnung, nicht sofort die Kündigung.
Form und Inhalt: konkrete Beschreibung, Rüge, Hinweis auf Kündigungsfolge
Für die Wirksamkeit sind drei Elemente wichtig: eine genaue Sachverhaltsdarstellung mit Datum und Uhrzeit, eine ausdrückliche Rüge des Vertragsverstoßes und ein klarer Hinweis auf die mögliche Kündigungsfolge bei Wiederholung.
Die Form Abmahnung ist häufig schriftlich, schriftform ist üblich, aber nicht zwingend. Mündliche Abmahnungen können wirksam sein, wenn der Inhalt eindeutig feststellbar bleibt.
Gleichartigkeit der Pflichtverletzung und Verbrauch des Reaktionsrechts
Die Abmahnung muss sich auf gleichartige Pflichtverletzungen beziehen. Eine Abmahnung wegen Systematischer Privatsphäre-Nutzung ersetzt nicht automatisch eine Reaktion auf Diebstahl oder grobe Pflichtverstöße.
Hat der Arbeitgeber bereits reagiert, ist beim Verbrauch des Reaktionsrechts Vorsicht geboten. Nach einer Abmahnung darf nicht sofort mit der gleichen Reaktion ein weiteres identisches Verhalten bestraft werden.
Aspekt | Anforderung | Praxisbeispiel |
---|---|---|
Konkrete Beschreibung | Datum, Uhrzeit, genauer Sachverhalt | Verspätungen am 3. und 10. Juni, jeweils 25 Minuten |
Ausdrückliche Rüge | Feststellung eines Vertragsverstoßes | Hinweis, dass wiederholtes Zuspätkommen Pflichtverletzung darstellt |
Hinweis auf Kündigungsfolge | Klare Warnung vor rechtsfolgen bei Wiederholung | Androhung verhaltensbedingter Kündigung bei erneuter Zuwiderhandlung |
Form Abmahnung | Schriftlich üblich, mündlich möglich | Schriftliche Abmahnung mit Empfangsbestätigung durch den Arbeitnehmer |
Gleichartigkeit | Bezug auf ähnliche Pflichtverletzungen | Abmahnung wegen Arbeitszeitverstößen gilt nicht für Diebstahl |
Verbrauch des Reaktionsrechts | Arbeitsgeber hat bereits reagiert; erneute Sanktion erfordert neues Fehlverhalten | Nach Abmahnung darf nicht sofort wegen desselben Vorfalls gekündigt werden |
Ausnahmefälle: Kündigung ohne vorherige Abmahnung
In engen Grenzen erlaubt das Recht die Kündigung ohne Abmahnung. Solche Ausnahmefälle sind selten. Das Bundesarbeitsgericht verlangt strenge Prüfung, damit die Maßnahme verhältnismäßig bleibt.
Bei schwerwiegenden Verstößen kann der Arbeitgeber auf eine Abmahnung verzichten. Entscheidend ist, ob die Pflichtverletzung so tief in den Vertrauensbereich eingreift, dass eine weitere Zusammenarbeit unzumutbar wirkt. Beispiele sind erhebliche Unterschlagung oder systematischer Spesenbetrug.
Das nächste Kapitel beschreibt die Umstände, unter denen eine Abmahnung aussichtslos erscheint.
Offensichtliche Aussichtslosigkeit
Wenn klar erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung trotz Abmahnung nicht eintreten wird, entfällt die Pflicht zur vorherigen Rüge. Hier prüft das Gericht, ob die Aussichtslosigkeit objektiv war und nicht nur vermutet.
Die Kriterien reichen von wiederholter, gleichartiger Pflichtverletzung bis zur Intensität des Fehlverhaltens. Dauer, Häufigkeit und Auswirkungen auf den Betriebsablauf spielen eine Rolle.
Rechtsprechungsbeispiele und Kriterien
Die BAG Rechtsprechung verlangt einen konkreten Grund für das Entbehrlichkeitsurteil. Ein einmaliger, sehr schwerer Vertrauensbruch kann genügen. Bei weniger gravierenden Verstößen steht meist die Abmahnung im Vordergrund.
Falltyp | Kernmerkmal | Ergebnis nach BAG Rechtsprechung |
---|---|---|
Diebstahl am Arbeitsplatz | Direkter Eingriff in den Vertrauensbereich; Vermögensschaden | Kündigung ohne vorherige Abmahnung möglich |
Spesenbetrug | Wiederholte Falschangaben; bewusste Täuschung | Kündigung gerechtfertigt bei klarer Beweislage |
Gelegentliches Zuspätkommen | Wiederholung ohne erhebliche Betriebsstörung | Abmahnung in der Regel erforderlich |
Vertrauliche Weitergabe von Betriebsgeheimnissen | Schwerer Vertrauensverlust; Schädigung des Unternehmens | Kündigung ohne Abmahnung in Ausnahmefällen möglich |
Gerichte prüfen jeden Fall konkret. Die soziale Situation des Arbeitnehmers wird mit dem Arbeitgeberinteresse abgewogen. Daraus ergeben sich oft enge Grenzen für das Entbehrlichkeitsurteil.
Verhältnismäßigkeit und milde Mittel statt Kündigung
Vor einer verhaltensbedingten Kündigung steht die Pflicht zur Prüfung alternativer Maßnahmen. Das Arbeitsgericht erwartet, dass der Arbeitgeber prüft, ob weniger einschneidende Eingriffe das Fehlverhalten ausräumen können.
Prüfung milderer Eingriffe
In der Praxis ist die Abmahnung das primäre mildere Mittel. Wenn diese nicht genügt, kommt gelegentlich eine Versetzung in Betracht. Bei der Erwägung eines milderen Mittel Versetzung muss der Arbeitgeber nachweisen, dass der Wechsel den Störungsgrund beseitigt und zumutbar ist.
Interessenabwägung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Die Interessenabwägung verlangt ein sorgfältiges Gegenüberstellen von Arbeitgeberinteresse an ordnungsgemäßer Betriebsführung und dem Schutzinteresse des Arbeitnehmers am Arbeitsplatz. Betriebsablaufstörungen, Disziplin und Wiederholungsgefahr steigern das Arbeitgeberinteresse.
Auf der Arbeitnehmerseite spielen bisheriges Verhalten, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Alter und Unterhaltspflichten eine Rolle. Solche Aspekte mildern die Härte einer Sanktion und stärken eine Berufung auf soziale Schutzbedürftigkeit.
Berücksichtigung sozialer Umstände
Gerichte beachten soziale Umstände intensiv. Eine lange, störungsfreie Tätigkeit oder hohes Alter kann dazu führen, dass eine Kündigung unverhältnismäßig ist. Die soziale Schutzbedürftigkeit des Mitarbeiters kann die Waage zugunsten des Arbeitnehmers neigen.
Die Entscheidung muss dokumentiert und nachvollziehbar sein. Eine lückenlose Darstellung der Abwägung erhöht die Rechtssicherheit und reduziert das Risiko, dass eine Kündigung wegen mangelnder Verhältnismäßigkeit Kündigung gerichtlich beanstandet wird.
Formale Fehler und besondere Schutzgruppen, die Kündigung unwirksam machen
Formale Fehler führen häufig dazu, dass eine Kündigung unwirksam ist. Arbeitgeber müssen genaue Verfahrensschritte beachten. Fehlt die korrekte Anhörung, droht die Rückwirkung und oft die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses.
Die Anhörung des Betriebsrats ist nach § 102 Abs. 1 BetrVG zwingend vor Ausspruch einer Kündigung. Unterbleibt diese Betriebsrat Anhörung, wird die Kündigung regelmäßig als Kündigung unwirksam beurteilt. Das gilt selbst dann, wenn der Kündigungsgrund an sich gerechtfertigt wäre.
Für schwerbehinderte Beschäftigte gelten ergänzende Regeln. Vor einer Kündigung muss die Schwerbehindertenvertretung beteiligt werden. In vielen Fällen ist zusätzlich die Zustimmung des Integrationsamts erforderlich. Wer hier Fehler macht, riskiert, dass der Schwerbehinderte Kündigungsschutz greift und die Kündigung nichtig ist.
Schwangere genießen besonderen Schutz nach dem Mutterschutzgesetz. Die Zustimmung der zuständigen Landesbehörde ist erforderlich. Wird diese Vorschrift missachtet, führt das regelmäßig zur Unwirksamkeit der Kündigung.
Betriebsratsmitglieder haben erhöhte Rechte. Ordentliche verhaltensbedingte Kündigungen gegen aktive Betriebsratsmitglieder sind praktisch ausgeschlossen. Für außerordentliche Maßnahmen gelten strenge Verfahrensanforderungen. Unterlassene Verfahrensschritte ziehen oft Schadensersatz- oder Fortbeschäftigungsansprüche nach sich.
Typische Verfahrensfehler reichen von fehlenden Anhörungen bis zu unvollständigen Zustimmungen. Solche Verfahrensfehler ziehen in der Praxis oft gerichtliche Auseinandersetzungen nach sich. Arbeitgeber tragen häufig die Kosten, wenn die Kündigung wegen formaler Mängel unwirksam ist.
Die folgenden Punkte sollten Arbeitgeber prüfen, bevor sie kündigen:
- Betriebsrat Anhörung ordnungsgemäß dokumentiert
- Schwerbehinderte Kündigungsschutz geprüft und Integrationsamt kontaktiert
- Mutterschutz bestätigt und Landesbehörde gefragt
- Besonderer Schutz von Betriebsratsmitgliedern berücksichtigt
Fehlerart | Betroffene Gruppe | Mögliche Folge |
---|---|---|
Unterlassene Betriebsratsanhörung | Alle Arbeitnehmer im Betrieb | Kündigung unwirksam, Fortbeschäftigungsanspruch |
Fehlende Zustimmung Integrationsamt | Schwerbehinderte | Schwerbehinderte Kündigungsschutz greift, Nichtigkeit |
Keine Zustimmung der Landesbehörde | Schwangere | Kündigung unwirksam, mögliche Entschädigung |
Formfehler bei Betriebsratsmitgliedern | Betriebsratsmitglieder | Hoher Schutz, Klage mit guten Erfolgsaussichten |
Was du tun solltest nach Erhalt einer verhaltensbedingten Kündigung
Wer eine verhaltensbedingte Kündigung bekommt, steht unter Zeitdruck. Prüfe das Schreiben sorgfältig und notiere das Datum. Die richtige Reaktion in den ersten Tagen kann über Erfolg oder Misserfolg entscheiden.
Dreiwochenfrist für die Klage
Unbedingt die Kündigungsschutzklage Frist beachten: Nach § 4 KSchG läuft die Frist nur drei Wochen. Wer die drei Wochen versäumt, verliert oft das Recht, die Wirksamkeit der Kündigung vor dem Arbeitsgericht anzufechten.
Was du als Nächstes tun kannst
Es gibt mehrere Wege: Kündigungsschutzklage erheben, einen Vergleich verhandeln oder über eine Abfindung verhandeln. Eine fristgemäße Klage stärkt die Verhandlungsposition und kann dazu führen, dass der Arbeitgeber bessere Konditionen anbietet.
Rechtskosten und Unterstützung
Prüfe sofort, ob eine Rechtsschutzversicherung greift. Mitgliedschaften in Gewerkschaften bieten oft Rechtsvertretung oder Beratung. Wer keine Deckung hat, kann Prozesskostenhilfe beantragen, wenn die finanziellen Voraussetzungen erfüllt sind.
- Frist beachten: Kündigungsschutzklage Frist und drei Wochen nicht überschreiten.
- Verhandeln: Abfindung verhandeln kann schneller und sicherer sein als ein langer Prozess.
- Kosten klären: Rechtsschutz prüfen, Gewerkschaft kontaktieren, bei Bedarf Prozesskostenhilfe beantragen.
Suche zeitnah anwaltliche Beratung zur Einschätzung der Erfolgsaussichten. Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht kennt die Gerichtspraxis und kann helfen, eine passende Strategie zu entwickeln.
Risiko Sperrzeit beim Arbeitslosengeld und taktische Überlegungen
Eine verhaltensbedingte Kündigung kann über die juristische Ebene hinaus finanzielle Folgen haben. Besonders wichtig ist die mögliche Sperrzeit Arbeitslosengeld, die die Agentur verhängen kann, wenn sie ein verschuldetes Beschäftigungsende annimmt.
Wer die Kündigung widerspruchslos hinnimmt, riskiert in der Regel eine zwölfwöchige Agentur für Arbeit Sperrzeit nach § 159 SGB III. Das reduziert den Anspruch auf Arbeitslosengeld erheblich und belastet die laufenden Kosten.
Fristgerechte Schritte sind entscheidend. Eine Klage gegen Kündigung zeigt, dass du die Vorwürfe nicht akzeptierst. Dadurch sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass die Agentur eine Sperrzeit verhängt.
Prüfe Arbeitgeberangebote mit Vorsicht. Rücknahme der Vorwürfe, Abfindungen oder Änderungskündigungen können verlockend wirken. Nutze taktische Tipps und lasse dich rechtlich beraten, bevor du unterschreibst.
Verhandlungsgeschick kann Sperrzeit und finanzielle Einbußen mindern. Fordere schriftliche Regelungen zur Rücknahme von Anschuldigungen, wenn dies Teil eines Vergleichs ist. Eine dokumentierte Einigung stärkt die Argumentation gegenüber der Agentur.
Wenn du vor Gericht gehst, wirkt das nicht nur rechtlich, sondern auch administrativ. Die Agentur für Arbeit Sperrzeit wird weniger wahrscheinlich angeordnet, wenn eine offene Klage gegen Kündigung nachweisbar ist.
Nutze diese taktischen Tipps:
- Rechtsschutz prüfen und Anwalt konsultieren.
- Angebote schriftlich festhalten lassen.
- Fristen beachten und Kündigungsschutzklage fristgerecht einreichen.
- Keine übereilten Vereinbarungen ohne rechtliche Prüfung unterschreiben.
Situation | Wirkung auf Sperrzeit | Empfohlene Maßnahme |
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Hinnahme der Kündigung | Hohe Wahrscheinlichkeit einer Sperrzeit Arbeitslosengeld (12 Wochen) | Nur in Ausnahmefällen akzeptieren; vorher rechtlich prüfen |
Fristgerechte Klage gegen Kündigung | Geringere Chance auf Agentur für Arbeit Sperrzeit | Klage einreichen und Belege sichern |
Rücknahme der Vorwürfe durch Arbeitgeber | Sperrzeit kann entfallen, wenn klar dokumentiert | Schriftliche Bestätigung verlangen, anwaltlich prüfen |
Abfindungsangebot ohne Schutzschrift | Risiko: Sperrzeit bleibt möglich | Taktische Tipps umsetzen: Verhandeln, Fristen beachten |
Praxisbeispiele und Urteile zur Anwendung in Einzelfällen
Die gerichtliche Praxis prägt das Recht der verhaltensbedingten Kündigung. BAG Entscheidungen und Arbeitsgericht Urteil zeigen, dass Einzelurteile richtungsweisend, aber nicht eins zu eins übertragbar sind. Wer sich mit Urteile verhaltensbedingte Kündigung beschäftigt, sollte die konkrete Abwägung der Gerichte im Blick behalten.
Typische Fallgruppen wie wiederholtes Fehlen, Fallbeispiele Zuspätkommen, Straftaten gegen den Arbeitgeber oder Arbeitsverweigerung werden stets im Einzelfall beurteilt. Entscheidend sind Umstände wie Länge der Betriebszugehörigkeit, Alter, Häufigkeit der Verstöße und ob mildere Mittel möglich waren. In vielen Entscheidungen gewinnt die Interessenabwägung den Vorrang.
Ein konkretes Beispiel aus 2023 veranschaulicht das Prinzip: Ein Beschäftigter mit 17 Jahren Betriebszugehörigkeit hatte vier Verspätungen zwischen 15 und 105 Minuten und erhielt drei Abmahnungen. Das Arbeitsgericht erklärte die Kündigung für sozial ungerechtfertigt, berücksichtigte Dauer der Beschäftigung, Ursache der Verspätungen (öffentliches Nahverkehrsproblem) und fehlende gravierende Betriebsstörungen und ordnete Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss an. Gerichtliche Kostenregelung und Streitwertbemessung folgten den üblichen Vergütungsmaßstäben.
Nutzen Sie diese Urteile verhaltensbedingte Kündigung und BAG Entscheidungen als Orientierung. Prüfen Sie Ihren Fall unbedingt mit einem Fachanwalt für Arbeitsrecht oder der Gewerkschaft, denn kleine Unterschiede entscheiden oft über Erfolg oder Misserfolg.